Bauen trotz Baustopps in der Welt des Autohauses Wichert

Initiative Stockflethweg kritisiert mangelnde Durchsetzung des Baustopps durch das Bezirksamt

Das Verwaltungsgericht Hamburg fasste am 11. März 2014 im Eilverfahren den Beschluss, dass der
Widerspruch einer Anwohnerfamilie im Stockflethweg eine aufschiebende Wirkung entfaltet gegen die der Auto Wichert GmbH erteilte Genehmigung zum Neubau Audi Terminal / Wichert Welt / P+R Anlage
Ochsenzoll. Praktisch handelt es sich um einen vorläufigen Baustopp. In der Begründung des
Gerichtsbeschlusses heißt es: „Das Interesse, von unzumutbaren Immissionen verschont zu bleiben,
überwiegt das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an der Ausnutzung der Baugenehmigung.“

Autohaus Wichert Bau am 24.04.14 (mit weiteren Fensterrahmen)Das Gericht gab seinen schriftlichen Beschluss der klagenden Familie am 28. März 2014 bekannt. Zusätzlich zur
gerichtlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ordnete das Bezirksamt Hamburg-Nord am 2. April die Einstellung der Arbeiten zur Sicherung der Rechte der Nachbarn an. Laut dieser bezirklichen Anordnung dürfen aber noch einige Arbeiten – „zur Gewährung der Standsicherheit der statischen Zwischenzustände“ – durchgeführt werden: Anlieferung von Materialien, Einbau von Stahlbeton-Deckenplatten der Wichert Welt, Einbau von Stahlbetonteilen / Trapezblechabdeckung der Wichert Welt und des Audi Terminals und Schließung zweier großer Öffnungen (Fensterfront). Dieser behördlich genehmigte Weiterbau trotz gerichtlich angeordneten Baustopps wird von der Initiative Stockflethweg kritisiert. Hierzu sagt Dipl. Ing. Claus Pfeil:“ Die Standsicherheit der bestehenden Gebäude kann in diesem augenblicklichen Zustand durch eine Einhausung des Gebauten sichergestellt werden. Die Hilfskonstruktion der Einhausung ist für sich allein standsicher und hält den bestehenden Baukörper von allen äußeren Beanspruchungen wie Wind und Niederschlag frei. Ein Beispiel für eine erfolgreiche Einhausung ist die Sanierung der Kuppel des Schachtgebäudes im Alten Elbtunnel. Dabei sind im Hafen höhere Windlasten anzusetzen als am Bahnhof Ochsenzoll.“ Aus Sicht der Initiative ist der totale Baustopp, bis auf die für die Einhausung erforderlichen Arbeiten, sofort durchzusetzen! Entgegen den Entscheidungen des Gerichts und des Bezirksamtes wurden am 23. April 2014 noch Dachaufbauten installiert (siehe Fotos).

Die Antwort auf eine kleine Anfrage der Fraktion Die Grünen in der Bezirksversammlung Hamburg-Nord
zum Baustopp ruft weiteres Unverständnis bei der Initiative hervor: Der gemeldete Einbau von Fenstern im Erdgeschoss am 8. April wurde zwar vom Bezirksamt gestoppt, allerdings musste das vorher festgesetzte Zwangsgeld nicht gezahlt werden, da es sich um ein „Missverständnis“ gehandelt hätte. Trotz mehrerer Beschwerden per E-Mails und per Telefon besichtigten Vertreter des Bezirksamtes zuletzt am 4. April die Baustelle, d.h. vor dem Fenstereinbau.

Autohaus Wichert Bau am 24.04.14 (mit neuen Dachaufbauten)„Wenn laut Anordnung des Bezirksamtes „die Öffnungen > 20 qm, der Außenwände an der Langenhorner Chaussee“, wegen „Winddrucks“ nun geschlossen werden müssen, dann frage ich mich, warum das Gebäude den letzten Herbst und Winter während der Bauarbeiten geöffnet überstanden hat und warum vorher nicht interveniert worden ist“, so Karen Wilbrandt von der Initiative Stockflethweg.
Die Höhe eines möglichen Zwangsgeldes von 10.000 Euro bei einem 35 Millionen Euro-Projekt findet die Initiative wenig abschreckend und sehr niedrig. Laut eines persönlichen Gespräches mit den Bauherren kostet der Baustopp dagegen 150.000 Euro die Woche.

Das Bezirksamt nennt in der Anfrage zwar einen telefonischen Ansprechpartner, aber offensichtlich werden nur schriftliche Beschwerden erfasst. Die konkrete Frage, welche Arbeiten noch erledigt werden dürfen, wird weder in der Anfrage noch in der Bezirksversammlung beantwortet. Diese Information bekommen die interessierten Bürger nur über die juristische Schiene.

Das Bezirksamt Hamburg-Nord, das die angefochtene Baugenehmigung erteilt hat und Gegner im
Klageverfahren ist, soll gleichzeitig die Einhaltung des Beschlusses durch die beigeladenen Bauherren
überwachen. Dieser Interessenskonflikt muss beseitigt werden, fordert die Initiative.

Anlage: Anfrage und Antwort zur KA 55-2014 (GRÜNE)

Fotos sind bei Nennung der Urheberin kostenfrei verwendbar.

Pressemitteilung der Initiative Stockflethweg vom 31.03.2014

Bau gestoppt, Weiterbau ab sofort illegal: Audi Terminal / Wichert Welt / P+R Anlage Ochsenzoll

Das Verwaltungsgericht Hamburg (Kammer 9) hat am 11. März 2014 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs von Anwohnern im Stockflethweg gegen die der Auto Wichert GmbH erteilte Genehmigung zum Neubau Audi Terminal / Wichert Welt / P+R Anlage Ochsenzoll angeordnet. Der Quasi-Baustopp für das ca. 35 Millionen Euro teure Projekt ist wenige Tage vor dem angekündigten Richtfest des Audi Terminals verhängt worden.

Im Streit um die Zu- und Abfahrten und die dadurch schon heute verursachten Verkehrslärmimmissionen durch den im Rohbau befindlichen Gebäudekomplex und fehlender Verkehrskonzepte für das angrenzende Wohngebiet stellten direkt betroffene Anwohner durch ihren Anwalt Mathias Frommann einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht im September 2013.

Das Gericht hat sich mit seiner Entscheidung der Argumentation von RA Frommann angeschlossen, dass die Baugenehmigung auf Grundlage eines falschen Lärmgutachtens vergeben wurde. Dieses Gutachten wurde von den Bauherren beauftragt und ist vom Bezirksamt anscheinend ungeprüft übernommen worden.

Die Initiative Stockflethweg und zahlreiche Anwohner haben die klagende Familie von Anfang an unterstützt. Die Initiative prognostiziert einen „täglichen Verkehrskollaps“ im Wohngebiet, weil der Neubaukomplex über die Wohnstraße Stockflethweg erschlossen wird. Eine Erschließung über die Langenhorner Chaussee wird von Investor, Politik und Verwaltung abgelehnt. Durch den geplanten Kreuzungsausbau Langenhorner Chaussee / Stockflethweg für den Wichert-Komplex wird eine zusätzliche Steigerungdes Kfz-Verkehrs im Wohngebiet erwartet. Viele Anwohner im Stockflethweg befürchten gesundheitsgefährdende Lärm- und Abgaswerte im Umfeld ihrer Wohnungen und unterstützen daher die Kläger, um die Verkehrsführungen zu ändern.

Infoveranstaltung Initiative Stockflethweg v. 10.02.2014

Am 10. Februar 2014 informierte die Initiative Stockflethweg über allgemeine und insbesondere verkehrstechnische Konsequenzen aus dem Bebauungsplan-Entwurf Langenhorn 68 und dem Gesamtbauvorhaben der Fa. Auto Wichert am U-Bahnhof Ochsenzoll. Zu der öffentlichen Veranstaltung im Gemeindehaus St. Annen kamen ca. 150 Unterstützer, Anwohner und Interessierte. Vertreter aller Parteien waren eingeladen worden. Die Resonanz der Politiker auf diese Einladung war jedoch enttäuschend gering. Anwesend waren gewählte Bezirksabgeordnete von der Partei DIE LINKE und FDP sowie Kandidierende für die Bezirksversammlung Hamburg-Nord von DIE GRÜNEN und PIRATENPARTEI. Vertreter des Nordnetzes Hamburg waren zur Unterstützung der Initiative Stockflethweg ebenfalls erschienen.

Nach einer kurzen Vorstellung der Mitglieder der Initiative und ihrer bisherigen Aktivitäten wurden die Zuhörer über das geltende Planrecht Langenhorn 4 und die zahlreichen Ausnahmegenehmigungen hiervon für den Bau von Audi terminal / Wichert Welt und P+R-Haus sowie über immer noch mögliche alternative Verkehrsführungen informiert. Nachdem alle Gespräche mit Bauherren und Politikern bezüglich einer anwohnerfreundlichen Verkehrsführung erfolglos waren, unterstützt die Initiative Stockflethweg Anwohner, welche Mitte September 2013 einen Eilantrag beim Hamburger Verwaltungsgericht eingereicht hatten. Der Rechtsanwalt Mathias Frommann war ebenfalls bei der Veranstaltung und beantwortete der Presse Fragen rund um das laufende Eilverfahren. Um die Konsequenzen aus der Baugenehmigung für alle Nachbarn so hinnehmbar wie möglich zu gestalten, ist ein juristisches Verfahren notwendig. Die Initiative Stockflethweg hatte einen Forderungskatalog erarbeitet, wie aus ihrer Sicht die Baugenehmigung geändert werden müsste.

Foto Infoabend - Initiative Stockflethweg

Die gravierenden Mängel der Lärmtechnischen Untersuchung zum Bauvorhaben „Audi terminal / Wichert Welt / P+R“ wurden erläutert. Dieses „Lärmgutachten“ war von den Bauherren, der Auto Wichert GmbH, in Auftrag gegeben worden. Ein von Anwohnern beauftragter Sachverständiger kam in seiner gutachterlichen Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass die auf die Anwohnerschaft „einwirkenden Lärmimmissionen in der im Baugenehmigungsverfahren berücksichtigten Lärmtechnischen Untersuchung aufgrund zu geringer Verkehrszahlen und zu hoher Immissions-Richtwerte deutlich zugunsten des Bauantragstellers ermittelt“ worden waren. Zwei Beispiele für die zu geringen Verkehrszahlen: Für die Nutzung des P+R-Hauses mit 327 Stellplätzen ergeben sich nach der sog. Parkplatzlärmstudie ca. 100 Bewegungen / Stunde und damit fünfmal so viel wie in der Lärmtechnischen Untersuchung angesetzt. Für die Nutzung des ebenerdigen Parkplatzes mit 108 Stellplätzen für 2.600 m2 Einzelhandelsfläche ergeben sich nach der sog. Parkplatzlärmstudie bis zu 2.100 Fahrzeuge statt der angenommen 1.200 Fahrzeuge. Für die Beurteilung der Lärmemissionen, die von dem Wichert-Gelände ausgehen, wird eine falsche Rechtsnorm zu Grunde gelegt, nämlich die VerkehrslärmVO – 16. BImSchV statt der TA Lärm. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass dieses „Lärmgutachten“ in Teilen grob fehlerhaft ist und die Belastung der Anwohnerschaft herunterspielt.
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